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Es läuft nicht rund im Erzbistum Freiburg: Nachdem Erzbischof Burger einräumen musste, dass die katholische Kirche im Bistum jahrelang fällige Sozialabgaben nicht bezahlt habe, was zu dreistelligen Millionennachzahlungen führen würde, gab der Chef der Erzdiözese nunmehr auch zu, dass es in seinem Bereich zu aktiver Aktenvernichtung von Akten über Missbrauch in der Erzdiözese gekommen sei. In mindestens 9 Fällen sei dies nachweisbar geschehen, um die Verfolgung und Identifizierung von Beschuldigten zu erschweren oder zu verschleiern. Akten  seien gesäubert worden, um Hinweise auf Täter und/oder Taten zu entfernen. Er räumte die bewusste Vertuschung von Vorfällen ein.

3 aktuelle Missbrauchsfälle

Auch gebe es aktuell in der Erzdiözese gleich drei Missbrauchsfälle, wo Verfahren anhängig sind.

Statt zu bestrafen wurde versetzt

Statt die Täter auch vor einem Zivilgericht zu bestrafen oder aus dem Kirchendienst zu entfernen, wurde in einer nicht genannten Anzahl von Fällen der Betroffene lediglich in eine andere Pfarrei versetzt. Dies hat in Einzelfällen dazu geführt, dass der Betroffene in der neuen Pfarrei mit ähnlichen Delikten auffällig wurde. Solche Vorgänge gibt es auch nicht nur in den Jahren nach dem Krieg, sondern auch in den letzten 20 Jahren. Auch Verantwortliche in der Bistumsleitung hätten mit solchen Vertuschungen und Versetzungen unter bloßer Trennung aktueller Opfer vom Täter das Ansehen der Kirche schützen wollen. Erzbischof Burger bezeichnete dies als den falschen Weg.

442 Opfer – 164 beschuldigte Priester

Im Zeitraum von 1946 bis 2015 habe es im Bereich der Erzdiözese Freiburg alleine nachweislich 442 Opfer sexueller Gewalt und 164 beschuldigte Priester gegeben. Insgesamt werden im kirchlichen Raum über 190 Personen beschuldigt. Die Dunkelziffer sei – auch wegen aktiver Aktenvernichtung im Erzbistum – sicher deutlich höher, räumten an der Aufarbeitung beteiligte Personen ein. Bekannt geworden sind vor allen Dingen Missbrauchsfälle im Kolleg St.Blasien, im Kloster Birnau und in der Seelsorgeeinheit Zell am Harmersbach.

Bundesweit 3677 Fälle von Missbrauch

Eine kürzlich von der Deutschen Bischofskonferenz vorgestellte Studie hatten den massiven Missbrauch in der katholischen Kirche dokumentiert. Ungeachtet einer sicher viel größeren Dunkelziffer wurden alleine in der Studie 3677 meist männliche Minderjährige als Missbrauchsopfer aufgeführt, die zwischen 1946 und 2014 Opfer wurden. Mindestens 1670 Kleriker sollen an diesem Missbrauch beteiligt gewesen sein. Der Freiburger Anteil daran ist signifikant hoch.

Erzdiözese zahlte 1 Million Euro

Die Erzdiözese habe bislang nach eigenen Angaben rund 1 Million Euro an Betroffene gezahlt, zuzüglich übernommener 380.000 Euro für Therapiekosten.

Missbrauchszahlen anderer Bistümer:

  • Bamberg: 88 Opfer von 4 bis 20 Jahren, 20 davon Ministranten. In nur 26 Fällen wurde eine Strafanzeige gestellt. In 24 Fällen hat man Leistungen in Anerkennung des Leids gezahlt
  • Berlin: Im Zeitraum von 1946 bis 2014 konnte man 51 Täter identifizieren, wovon 28 bereits verstorben seien
  • Hamburg: Von 1946 bis 2015 gibt es 33 beschuldigte Priester und 103 betroffene Kinder und Jugendliche
  • Köln: Seit 1946 gäbe es 87 Beschuldigte und 135 Betroffene. Von den 54 Beschuldigten, die noch zu Lebzeiten beschuldigt wurden, gab es nur Sanktionen gegen 21, z.B. eine Frühpensionierung
  • München und Freising: Von 1945 bis 2009 gab es 159 auffällig gewordene Priester und 15 Diakone. Im Zeitraum von 1946 bis 2014 hätte man bei 94 Priestern und 4 Diakonen Hinweise auf sexuellen Missbrauch gefunden. Auch hier sind viele Akten vernichtet worden, die Dunkelziffer dürfte höher sein

 

 

Von BSF

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