Freiburg, 2. Mai 2025
Führungskräfte tragen große Verantwortung – für Unternehmensergebnisse, aber vor allem für ihre Mitarbeiter. Doch selbst erfahrene Manager sind nicht vor Fehlern gefeit, die ihre Effektivität untergraben und das Vertrauen ihrer Teams erschüttern können. Unsere Redaktion hat mit Führungsexperten, Personalberatern und erfolgreichen Managern gesprochen, um die häufigsten Führungsfehler zu identifizieren. Hier sind die zehn kritischsten Fehler, die Sie als Führungskraft vermeiden sollten.
1. Mangelnde Selbstreflexion und fehlende Empathie
Der vielleicht grundlegendste Führungsfehler ist der Mangel an Selbstreflexion. „Führungskräfte, die ihre eigenen Schwächen nicht erkennen und akzeptieren, können sich nicht weiterentwickeln“, erklärt Dr. Thomas Müller, Führungscoach und Autor mehrerer Managementbücher. Eng verbunden damit ist fehlende Empathie – die Unfähigkeit, sich in die Lage der Mitarbeiter zu versetzen.
Erfolgreiche Führung beginnt mit emotionaler Intelligenz. Wer nicht zuhören kann und die Bedürfnisse und Motivationen seines Teams ignoriert, wird langfristig scheitern. Eine Studie der Technischen Universität München zeigt: Teams unter empathischen Führungskräften sind bis zu 35 Prozent produktiver als jene unter Managern mit geringer emotionaler Intelligenz.
2. Mikromanagement: Der Kreativitätskiller
Ein klassischer Fehler ist übermäßige Kontrolle. Führungskräfte, die jede Entscheidung selbst treffen wollen und ihren Mitarbeitern ständig über die Schulter schauen, untergraben deren Autonomie und Selbstvertrauen.
„Mikromanagement ist ein Teufelskreis“, warnt Personalberaterin Sabine Weiss. „Es frustriert talentierte Mitarbeiter, führt zu einer Überlastung der Führungskraft und verhindert Innovation.“ Die Lösung liegt im Delegieren und Vertrauen. Eine klare Zielvorgabe mit Freiräumen bei der Umsetzung fördert Eigenverantwortung und Kreativität.
3. Unklare Kommunikation und fehlende Transparenz
Vage Anweisungen, widersprüchliche Botschaften oder zurückgehaltene Informationen – mangelhafte Kommunikation führt unweigerlich zu Missverständnissen und Ineffizienz.
„Führungskräfte unterschätzen oft, wie wichtig klare und transparente Kommunikation ist“, betont Kommunikationsexperte Prof. Dr. Stefan Becker. „Mitarbeiter brauchen Klarheit über Prioritäten, Ziele und den Kontext ihrer Arbeit.“ Besonders in Krisenzeiten oder bei Veränderungsprozessen ist offene Kommunikation entscheidend für den Erhalt von Vertrauen und Motivation.
4. Vernachlässigung von Feedback und Anerkennung
Viele Führungskräfte geben zu selten konstruktives Feedback oder vergessen, Leistungen angemessen zu würdigen. „Mitarbeiter wollen wissen, wo sie stehen und dass ihre Arbeit geschätzt wird“, erklärt Arbeitspsychologin Dr. Maria Schmidt.
Regelmäßige Feedback-Gespräche sollten nicht nur bei Problemen stattfinden, sondern auch Erfolge hervorheben. Eine Gallup-Studie belegt: Mitarbeiter, die regelmäßig Anerkennung erfahren, sind bis zu 40 Prozent engagierter und produktiver. Feedback sollte dabei spezifisch, zeitnah und konstruktiv sein – nicht pauschal oder ausschließlich kritisch.
5. Unausgewogenes Verhältnis zwischen Aufgaben- und Beziehungsorientierung
Manche Führungskräfte konzentrieren sich zu stark auf Ergebnisse und Zahlen, während andere den Fokus zu sehr auf die zwischenmenschliche Ebene legen. Beide Extreme sind problematisch.
„Erfolgreiche Führung balanciert beide Dimensionen“, erläutert Unternehmensberater Michael Wagner. „Zu viel Aufgabenorientierung führt zu einem kalten, unmenschlichen Arbeitsklima. Zu viel Beziehungsorientierung kann klare Entscheidungen und notwendige Kritik erschweren.“ Gute Führungskräfte passen ihren Stil an die Situation und die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter an.
6. Fehlende strategische Ausrichtung und Prioritätensetzung
Viele Manager verlieren sich im operativen Tagesgeschäft und vernachlässigen die strategische Ausrichtung ihres Teams. Sie reagieren ständig auf das Dringliche, anstatt das Wichtige zu priorisieren.
„Ohne klare Prioritäten verzetteln sich Teams schnell“, warnt Strategieberaterin Dr. Jana Peters. „Eine zentrale Aufgabe von Führungskräften ist es, Orientierung zu geben und zu entscheiden, welche Projekte Vorrang haben und welche warten können oder sogar gestoppt werden müssen.“ Dies erfordert Mut zur Lücke und die Fähigkeit, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen.
7. Unzureichende Personalentwicklung und Talentförderung
Die besten Führungskräfte sind jene, die andere wachsen lassen. Doch allzu oft werden Mitarbeiterentwicklung und Nachfolgeplanung vernachlässigt – ein fataler Fehler in Zeiten des Fachkräftemangels.
„Wer seine Mitarbeiter nicht fördert, riskiert, sie zu verlieren“, betont Personalentwicklerin Christine Brandt. Dazu gehört, regelmäßig Entwicklungsgespräche zu führen, individuelles Potenzial zu erkennen und Weiterbildungsmöglichkeiten anzubieten. Besonders wichtig: Die Identifikation und Förderung von Führungsnachwuchs, um Schlüsselpositionen langfristig besetzen zu können.
8. Mangelnde Konfliktfähigkeit und aufgeschobene Entscheidungen
Konflikte gehören zum Arbeitsalltag, doch viele Führungskräfte scheuen die Auseinandersetzung. Sie ignorieren schwelende Teamkonflikte oder verschieben schwierige Personalgespräche – mit meist fatalen Folgen.
„Ungelöste Konflikte vergiften die Atmosphäre und behindern die Zusammenarbeit“, erklärt Mediator Dr. Klaus Weber. „Eine professionelle Führungskraft spricht Probleme frühzeitig und sachlich an.“ Ähnliches gilt für das Aufschieben wichtiger Entscheidungen: Es schafft Unsicherheit und blockiert den Fortschritt des gesamten Teams.
9. Widersprüchliches Vorbildverhalten
„Do as I say, not as I do“ – dieser Ansatz funktioniert in der Führung nicht. Führungskräfte werden nicht an ihren Worten, sondern an ihren Taten gemessen. Wer von Mitarbeitern Pünktlichkeit fordert, selbst aber stets zu spät kommt, untergräbt seine Glaubwürdigkeit.
„Vorgesetzte haben eine enorme Signalwirkung“, unterstreicht Organisationspsychologin Prof. Dr. Claudia Schneider. „Ihre Handlungen werden genau beobachtet und als Maßstab für akzeptables Verhalten interpretiert.“ Besonders kritisch: Diskrepanzen zwischen proklamierten Unternehmenswerten und dem tatsächlichen Führungsverhalten im Alltag.
10. Vernachlässigung der eigenen Work-Life-Balance
Der letzte Fehler betrifft die Führungskraft selbst: Viele Manager vernachlässigen ihre eigene Gesundheit und Balance. Sie arbeiten übermäßig lange, sind ständig erreichbar und nehmen sich keine Zeit zur Regeneration.
„Eine ausgebrannte Führungskraft kann kein Team erfolgreich führen“, warnt Gesundheitsexperte Dr. Paul Neumann. Dauerstress beeinträchtigt nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch die Entscheidungsfähigkeit und emotionale Stabilität – Kernkompetenzen guter Führung. Zudem setzt selbstausbeuterisches Verhalten ein falsches Signal: Es suggeriert, dass Überarbeitung erwünscht oder gar notwendig ist.
Fazit: Bewusstsein als erster Schritt zur Besserung
Diese zehn Führungsfehler sind weit verbreitet, aber vermeidbar. Der erste Schritt zur Verbesserung ist das Bewusstsein für die eigenen Schwachstellen. Regelmäßiges Feedback von Mitarbeitern, Kollegen und Vorgesetzten kann dabei helfen, blinde Flecken zu erkennen.
Hilfe durch Lektüre
Angehende Führungskräfte können sich durch Seminare, Coachings oder auch durch Literatur Unterstützung holen. Der Freiburger Autor Roman Schneider bietet z.B. durch sein Werk „Vom Kollegen zur Führungskraft“ Unterstützung an:

Infokasten:
Selbstcheck für Führungskräfte: Erkennen Sie diese Warnsignale?
- Ihre Mitarbeiter kommen selten mit eigenen Ideen zu Ihnen
- In Ihrem Team gibt es eine hohe Fluktuation
- Sie verbringen viel Zeit damit, die Arbeit Ihrer Mitarbeiter zu korrigieren
- Meetings verlaufen ineffizient und ohne klare Ergebnisse
- Sie fühlen sich unentbehrlich und können schlecht delegieren
- Ihre E-Mails werden oft missverstanden
- Konflikte in Ihrem Team bleiben lange ungelöst
- Sie haben kaum Zeit für strategische Aufgaben
- Ihre Mitarbeiter zeigen wenig Initiative
- Sie können sich schlecht von der Arbeit abgrenzen
Falls Sie bei drei oder mehr Punkten zustimmen, sollten Sie über eine Anpassung Ihres Führungsstils nachdenken.