Die Scheidungsrate in Deutschland beschäftigt viele Menschen – sowohl diejenigen, die vor dem Altar stehen, als auch jene, die bereits verheiratet sind. Doch wie steht es wirklich um die Stabilität der Ehe in Deutschland? Ein Blick auf die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigt ein differenziertes Bild.
Die aktuellen Zahlen: Scheidungsrate im Wandel
Im Jahr 2023 wurden in Deutschland 129.000 Ehen geschieden – das entspricht einem Rückgang von 6,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Scheidungsrate lag bei 35,74 Prozent, was bedeutet, dass auf drei Eheschließungen rechnerisch etwa eine Scheidung kommt.
Diese Zahlen mögen auf den ersten Blick beunruhigend wirken, doch sie erzählen nur einen Teil der Geschichte. Tatsächlich erreichte die Zahl der Scheidungen 2023 den niedrigsten Stand seit der Deutschen Vereinigung im Jahr 1990. Während nach der Jahrtausendwende statistisch mehr als jede zweite Ehe geschieden wurde, entwickelte sich die Scheidungsquote bis 2018 sehr positiv und lag nur noch bei 33 Prozent.
Wie lange halten Ehen in Deutschland?
Die durchschnittliche Ehedauer bis zur Scheidung beträgt aktuell 14 Jahre und 9 Monate. Diese Zahl hat sich über die Jahre interessant entwickelt: Während eine Ehe vor etwa 20 Jahren knapp unter 13 Jahren hielt, waren es 2017 wieder 15 Jahre. Seither verkürzt sich die durchschnittliche Ehedauer bis zu einer Scheidung jährlich wieder um etwa einen Monat.
Besonders interessant ist die Verteilung der Scheidungen nach Ehedauer: Viele Paare trennten sich 2023 mit einer Ehedauer von fünf bis sieben Jahren, die meisten Scheidungen wurden jedoch von Paaren vollzogen, die über 26 Jahre miteinander verheiratet waren. 21.945 Paare (17 Prozent) waren zum Zeitpunkt der Scheidung bereits mindestens 25 Jahre miteinander verheiratet.
Das Alter bei der Scheidung steigt kontinuierlich
Das durchschnittliche Alter der Männer bei der Scheidung lag 2023 bei 48 Jahren, während Frauen mit 45 Jahren etwas jünger waren. Binnen 20 Jahren stieg es bei beiden Geschlechtern um 6 Jahre an. Im Jahr 2000 beispielsweise waren Männer bei der Scheidung durchschnittlich 41,2 Jahre und Frauen 38,6 Jahre alt.
Einvernehmlich oder streitig? Wie Paare sich trennen
Ein ermutigender Aspekt der deutschen Scheidungsstatistik ist, dass die meisten Trennungen zivilisiert ablaufen: Bei 89,6 Prozent der Scheidungen wurde der Scheidungsantrag mit Zustimmung des Partners oder der Partnerin gestellt. 6,6 Prozent der Paare stellten beide den Scheidungsantrag, während nur in 3,9 beziehungsweise 4,2 Prozent der Fälle ein Ehegatte dem Scheidungsantrag nicht zustimmte.
80,1 Prozent der Ehen wurden nach Ablauf des Trennungsjahrs geschieden, während 18,9 Prozent nach dreijähriger Trennung geschieden wurden.
Kinder sind oft betroffen
Etwa 65.600 und damit über die Hälfte aller Ehescheidungen im Jahr 2023 betrafen minderjährige Kinder. Im selben Jahr lebten in Deutschland 109.561 minderjährige Scheidungskinder. Dies zeigt die weitreichenden gesellschaftlichen Auswirkungen von Scheidungen auf.
Regionale Unterschiede: Stadt vs. Land
Die höchsten Scheidungsraten finden sich in den Stadtstaaten Berlin (42,5 Prozent) und Hamburg (40,2 Prozent), die niedrigsten in Sachsen (29,8 Prozent) und Bayern (31,4 Prozent). Es dürfte nicht verwundern, dass die meisten Ehen in Städten geschieden werden, während die Menschen in ländlichen Gebieten die Ehe eher als lebenslange Verbindung zu betrachten scheinen.
Warum scheitern Ehen? Die Gründe sind vielfältig
Eine Statistik kann die Scheidungsgründe nicht beweiskräftig abbilden, da Befragungen der Betroffenen nur bedingt zu verlässlichen Ergebnissen führen. Das aktuelle deutsche Familienrecht geht von einer Scheidung ohne Schuldzuweisung aus. Es ist also nicht mehr notwendig, einen konkreten Grund nachzuweisen. Stattdessen wird in Deutschland eine sogenannte „Zerrüttungsscheidung“ durchgeführt.
Dennoch lassen sich aus Forschung und Beratungspraxis die häufigsten Trennungsgründe ableiten:
Die häufigsten Scheidungsgründe:
- Auseinanderleben: Paare entwickeln sich in unterschiedliche Richtungen
- Untreue: Fremdgehen stellt einen gravierenden Vertrauensbruch dar
- Finanzielle Probleme: Geldsorgen belasten die Beziehung
- Kommunikationsprobleme: Mangelnde Verständigung führt zu Entfremdung
- Gewalt: Zu den gravierendsten Gründen für eine Scheidung zählen Gewalt und emotionale Übergriffe
- Suchtprobleme: Alkohol- oder Drogenprobleme eines Partners
- Psychische Erkrankungen: Depressionen oder Angstzustände können eine Beziehung stark belasten
Ein Blick in die Zukunft: Positive Entwicklungen
Trotz der immer noch hohen Scheidungszahlen gibt es Grund zur Hoffnung: Die Zahl der Scheidungen ging mit Ausnahme weniger Jahre seit 2003 zurück (minus 39,7 Prozent). Auch die Zahl der Eheschließungen stieg im Vergleich zum Vorjahr um etwa zehn Prozent.
Interessant ist auch, dass die meisten Eheschließungen in Deutschland mit dem Tod enden, nicht mit einer Scheidung. Zirka zwei Drittel der Ehen enden noch immer durch den Tod eines Ehegatten.
Fazit: Die Ehe in Deutschland im Wandel
Die Scheidungsstatistik zeigt, dass die Ehe in Deutschland durchaus Bestand hat, auch wenn etwa jede dritte Ehe geschieden wird. Die sinkenden Scheidungszahlen, das gestiegene Heiratsalter und die Tatsache, dass die meisten Scheidungen einvernehmlich ablaufen, deuten darauf hin, dass Menschen heute bewusster und reifer in die Ehe gehen.
Die Gründe für Scheidungen sind vielfältig und oft nicht monokausal. Wichtig ist, dass Paare bei Problemen professionelle Hilfe suchen – sei es durch Paartherapie, Mediation oder rechtliche Beratung. Denn auch wenn eine Ehe scheitert, können die Folgen für alle Beteiligten, insbesondere für Kinder, durch einen respektvollen Umgang miteinander minimiert werden.
Quellen: Statistisches Bundesamt (Destatis), verschiedene Studien und Fachpublikationen zum Thema Scheidung in Deutschland // Bild: Ki generated